Ein Tag in Gent
Als ich mich auf der Webseite von VisitGent umgucke, dem Tourismus-Portal der Stadt, fallen mir zwei Slogans auf: “Gent: zu viel für nur eine Nacht” und “Gent muss man genießen. Und dazu braucht man mehr als einen Tag.”, und ich muss ein bisschen schmunzeln. Offensichtlich soll hier der Ansicht entgegengewirkt werden, dass die Stadt Gent vom Standpunkt des Touristen aus innerhalb eines Tages “abgehakt” werden kann.
Dass diese Ansicht in der Tat ein zweischneidiges Schwert ist, haben wir am eigenen Leib festgestellt. Eigentlich galt unser Besuch Brüssel, doch nachdem uns andere Reiseblogger Gent wärmstens empfohlen hatten, beschlossen wir spontan, für einen Kurztrip in diese kleine belgische Stadt etwas Zeit von unserer Reise abzuzwacken.
So stiegen wir in Brüssel in das Fortbewegungsmittel unserer Wahl, den Zug, und kamen eine gute halbe Stunde später in Gent an. Vom Bahnhof aus nahmen wir die Straßenbahn zum historischen Stadtzentrum – eine Fahrt von ungefähr zehn Minuten.
Die Kamera im Anschlag machten wir uns daran, die Stadt zu erkunden – und merkten schnell, wo hier der Casus Knacktus liegt: Gent ist nicht nur durch seine Sehenswürdigkeiten attraktiv, sondern auch ganz prägnant durch seine Atmosphäre. Und die erlebt man tatsächlich am besten, wenn man etwas mehr Zeit mitbringt.
Selbst wenn man gar nicht der Typ dafür ist, ertappt man sich dabei, dass man zehn Minuten lang auf einer Brücke steht, nur um sich die Häuser am Fluss entlang anzuschauen. Oder dass man wünscht, man könnte sich für ein paar Stunden in dieses nette Café dort drüben setzen und einfach die Seele baumeln lassen. Oder dass man ziellos durch kleine Gassen und an Kanälen entlang schlendern möchte. Oder dass man sich aus einem Impuls heraus doch mal ein belgisches Pralinchen gönnt. Oder dass man an einer interessanten Bar vorbei läuft und sich denkt: “Das sieht nach dem perfekten Platz aus, um den Tag bei einem Glas Wein oder Bier ausklingen zu lassen!”.
Gent hat einfach etwas.
Das ist natürlich eine recht subjektive Ansicht – aber eine weit verbreitete, wie mir scheint. Deswegen pflichte ich VisitGent bei: wer länger bleiben kann, der ist gut beraten, das auch zu tun. Wir hatten leider dieses Mal nicht die Gelegenheit dazu, werden es jedoch beim nächsten Besuch nachholen!
Jetzt aber zu den Sehenswürdigkeiten:
Einmal den Belfried hoch
Fangen wir mit dem Belfried an! Der Glockenturm aus dem 14. Jahrhundert steht für Gents Unabhängigkeit und ist Weltkulturerbe. Auf seiner Spitze wacht ein Drache, und von der 95 m hohen Aussichtsplattform aus, die nicht weit darunter liegt, hat man eine wunderbare Aussicht auf die Stadt. Die verschiedenen Gewölbe und Räumlichkeiten, die man auf dem Weg nach oben passiert (der auch per Aufzug zurückzulegen ist), beherbergen nicht nur Glocken und sorgen für einen interessanten und unterhaltsamen Besuch.
Eintritt: 5 Euro
Die Kathedrale und das Meisterwerk
Die Sankt-Bavo-Kathedrale ist eines der ältesten Gebäude in Gent – ihre Geschichte lässt sich bis 942 zurückverfolgen; dem Jahr, in dem sie eingeweiht wurde. Ein beeindruckendes Bauwerk, das einen ganz besonderen Schatz birgt: den Genter Altar. Hierbei handelt es sich um einen Flügelaltar aus dem 15. Jahrhundert, der aus zwölf beidseitig bemalten Tafeln besteht und so einiges erlebt hat. Er hat sich wacker durch die Geschichte geschlagen und ist trotz Feuer, Bildersturm, Kriegen, der Zensur, Verschleppung und Diebstahl heute wieder fast vollständig im Original zu bewundern. Wem das nicht genügt: keine Angst – es befinden sich weitere 21 Altäre in der Kathedrale!
Die Grafenburg
Der ein oder andere Tourist mag abrupt innehalten und sich die Augen reiben – aber nein, sie haben ihn nicht getrogen: da steht eine mittelalterliche Burg; mitten in der Innenstadt! Die Grafenburg, im 12. Jahrhundert von Phillip von Elsass erbaut, hat sich gut gehalten und erfreut den Besucher stilecht mit kalten Gängen und Verliesen, Schutzwällen und Waffenausstellung. Das zumindest haben wir gehört, denn wir wanderten erst vorbei, als die Tore schon geschlossen waren. Vielleicht hat uns das aber auch vor Einschlafschwierigkeiten bewahrt, denn in der Burg gibt es ein Foltermuseum (mit Guillotine!)… Vom burgeigenen Wohnturm aus die Stadt überblickt hätte ich jedoch gerne – naja, beim nächsten Mal!
Eintritt: 8 Euro (Inklusive Movieguide)
Graslei und Korenlei – der alte Hafen
Das Herz der Stadt und wunderschön: der mittelalterliche Hafen mit den historischen Häuserfassaden der ehemaligen Lager- und Gildehäuser. Von der St.-Michael-Brücke aus hat man wahrscheinlich den umfassendsten Ausblick – und der macht Lust auf mehr! Wer genug Zeit mitgebracht hat, der freut sich jetzt: er kann der Einladung Gents nachkommen und nach Lust und Laune umherwandern und staunen.
Weitere Sehenswürdigkeiten, die Gent zu bieten hat, sind zum Beispiel die St.-Niklas-Kirche, das alte Postamt, der Prinzenhof, die drei Beginenhöfe der Stadt (zwei davon Weltkulturerbe), der Süd- und der Zitadellenpark, die sich ständig verändernde Graffitigasse (Werregarenstraat), der Campo Santo Friedhof… Und wer von Euch hat gewusst, dass Gent ausgezeichnet wurde für die ausgeklügelte nächtliche Beleuchtung der Innenstadt? Nachteulen und andere Interessierte können sich den Plan für eine “Lichtwanderung” kostenlos bei VisitGent herunterladen (hier der Link).
Überhaupt, Auszeichnungen: Gent hat viele erhalten und heimst sie weiter ein. Und das macht Sinn: Gent ist eine historisch wichtige und wertvolle Stadt, die im Herzen jung geblieben ist. Eine Stadt, die das Alte bewahrt und die sich gleichzeitig für das Neue begeistern kann. Eine Stadt, in der man sich wohl fühlt und in der man gerne ist. Eine Stadt, in die wir bestimmt bald zurück kommen werden!
Anreise und Aufenthalt
Einfach und bequem war für uns die Anreise mit dem Zug von Brüssel aus. Züge nach Gent fahren halbstündlich und brauchen etwas über 30 Minuten – oder doppelt so lange, wenn man aus Versehen in den Bummelzug steigt; also achtet darauf, den richtigen zu nehmen!
Vom Genter Hauptbahnhof aus kann man entweder die Straßenbahn Linie 1 zum historischen Stadtzentrum nehmen oder auch zu Fuß gehen. Letzteres dauert 20-30 Minuten.
Zu Fuß die Stadt zu erkunden ist in Gent gut machbar – es ist ja alles recht übersichtlich. Sollten doch mal die Füße weh tun, nimmt man eben die Straßenbahn – wozu ist sie denn sonst da, nicht wahr?
Übernachtung
Da wir wie gesagt eigentlich Brüssel besucht haben, hatten wir auch dort unser Hotel. Das Schöne an Belgien ist, dass die Entfernungen zwischen den einzelnen Städten eher gering sind. Dazu ist der Nahverkehr so gut, dass ein solches Arrangement wunderbar funktioniert.
Unsere Ruhestätte wurde uns von den netten Menschen bei HostelBookers organisiert und ist definitiv eine Erwähnung wert: das Pantone Hotel (richtig: ‘Pantone’ wie die Farbpalette); ein Designhotel, das zwei U-Bahn-Haltestellen vom Brüsseler Hauptbahnhof entfernt ist und gleichzeitig so zentral liegt, dass sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt gut zu Fuß entdecken lassen.
Wir hatten unser Zimmer auf dem Dach; stilecht mit Dachterrasse und Blick über Brüssel, was Loz schwer begeisterte. Mich dagegen faszinierten die innovative Einrichtung und die farbenfrohe Dekoration noch ein bisschen mehr (besonders das knallbunte Toilettenpapier! -Jaja, es sind die kleinen Dinge im Leben…), und nachdem wir am folgenden Morgen jeden einzelnen Bestandteil des Frühstücksbüffets gewissenhaft ‘geprüft’ hatten, waren wir vollends davon überzeugt, dass wir dieses Hotel nicht nur bedenkenlos, sondern auch sehr gerne weiterempfehlen können und werden.
Danke nochmal an HostelBookers für die stylische Unterbringung und natürlich auch an Euch, für’s Lesen! Wart Ihr schon in Gent und könnt etwas empfehlen? Oder gibt es etwas, das Euch nach Gent zieht und was wir in unserem Artikel nicht erwähnt haben? Wir freuen uns über Euren Kommentar!
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