Oslo entdecken, Teil II: drinnen
Nachdem wir in Teil I unserer Entdeckungstour das gute Wetter genutzt und uns auf Sehenswürdigkeiten im Freien konzentriert haben, kommt mit Teil II die Erkenntnis, dass schlechtes Wetter in Oslo absolut kein Malheur ist. Im Gegenteil, es gibt so viele tolle unterschiedliche Museen und Ausstellungen, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Aber dafür gibt’s uns ja…
Hier unsere Vorschläge:
Die Museumsinsel
Eine 20-minütige Busfahrt vom Stadtzentrum entfernt befinden sich auf der Halbinsel Bygdoy sechs Museen, von denen drei praktisch nebeneinander stehen: das Fram Museum, das Kon-Tiki Museum und das Norwegische Maritim Museum. Fangen wir doch mit denen an!
Das Fram Museum
Das Polarschiff “Fram” wurde 1892 gebaut und hat mehrere Polarexpeditionen mitgemacht. Die bekannteste darunter ist sicherlich die von Roald Amundsen von 1910 bis 1912, während der Amundsen als erster Mensch den Südpol erreichte. Sein Konkurrent, der Brite Robert Falcon Scott, kam 35 Tage später an.
Rund um das berühmte Schiff (und auch auf und in ihm) kann man auf drei verschiedenen Ebenen alles über diese Expedition erfahren – und generell so einiges über Arktis und Antarktis, Nord- und Südpol. Viele Ausstellungsgegenstände, von Kleidung über medizinisches Besteck bis hin zu nautischen Instrumenten, veranschaulichen die Umstände, unter denen die Expeditionsmitglieder reisten.
Aufzeichnungen, Berichte, Lebensläufe und andere Dokumente geben einen weiteren Einblick. Interessant ist dabei, dass auch Scotts Expedition Teil der Ausstellung ist – allerdings derjenige, der dem Besucher mehr als deutlich macht, was für eine unglaubliche Aufgabe sich diese Forscher gestellt hatten, und was für furchtbare Konsequenzen es hatte, wenn die Dinge schief liefen.
In diesem Museum kann man mehrere Stunden verbringen, ohne dass es langweilig wird. Dafür sorgen auch die vielen interaktiven Extras, wie zum Beispiel der Polarsimulator oder die Nordlichtshow. Eine schöne Ergänzung des Museums sind die Statuen der Expeditionsmitglieder außerhalb.
Das Kon-Tiki Museum
1947 setzte sich der norwegische Wissenschaftler Thor Heyerdahl in Peru mit fünf weiteren Männern auf ein traditionell gebautes Floß, das er Kon-Tiki taufte, und segelte Richtung Polynesien, um seine Theorie zu beweisen, dass die Besiedelung Polynesiens von Südamerika aus auf diesem Weg möglich gewesen sei.
Er erreichte sein Ziel, und die Dokumentation der Reise, mit einer 16-mm-Kamera gedreht, gewann 1952 einen Oscar (Norwegens bisher einzigen).
Dieser Oscar ist im Kon-Tiki Museum ausgestellt, und den Film kann man sich auch angucken (immer um 12 Uhr mittags), sowie natürlich das Floß selber, beziehungsweise eine Nachbildung, da das Original am Ende der Reise bei der Landung zerbrach.
Wir hatten zwar genau den Zeitraum erwischt, in dem das Floß einer Renovierung unterzogen wurde, aber so schlimm war das nicht, denn Thor Heyerdahl hat noch viele weitere Expeditionen unternommen, unter anderem mit einem Boot aus Papyrus (die Ra II), das ebenfalls ausgestellt ist.
Es ist kein riesiges Museum, aber ein exzellentes Beispiel für experimentelle Archäologie und dafür, wie interessant und spannend Wissenschaft sein kann.
Übrigens: für diejenigen, die jetzt neugierig geworden sind: die Geschichte der Kon-Tiki ist 2012 nochmal als Spielfilm verfilmt worden (Oscar-Nominierung inklusive) und im März 2013 in den Kinos erschienen.
Das Norwegische Maritime Museum
Leider hatten wir nicht genügend Zeit, um es zu besuchen, aber das heißt ja nicht, dass es nicht vielleicht für Euch von Interesse ist! Also: hier dreht sich alles um die Schifffahrtsgeschichte und die Küstenkultur Norwegens. Ausgestellt sind Schiffsmodelle (das größte davon ein dreimastiger Schoner von 1916), sowie Fischereiausrüstung, archäologische Meeresfunde, aber auch Gemälde. Besonders toll soll das dort gezeigte Panorama-Video “Maritimes Norwegen” sein.
Als nächstes marschierten wir ‘rüber zum anderthalb Kilometer entfernten Holocaustzentrum. Man kann aber auch den Bus nehmen!
Das Holocaustzentrum
Wer sich mit der deutschen Besetzung von Norwegen während des zweiten Weltkrieges befasst, kommt an Vidkun Quisling nicht vorbei. Der faschistische norwegische Politiker wurde von den Besatzern als Ministerpräsident eingesetzt und steht noch heute für Kollaboration und Verrat. Anhand eines Fragebogens ließ er landesweit alle Juden erfassen, um dann ihren Transport nach Auschwitz zu organisieren.
Das Holocaustzentrum ist ein Studienzentrum für den Holocaust und religiöse Minderheiten. Es befindet sich in der Villa, in der Quisling von 1941 bis 1945 lebte. An der Fassade angebracht ist die preisgekrönte Kunst-Installation “Innocent questions” (“Unschuldige Fragen”) des Künstlers Arnold Dreyblatt, die den erwähnten Fragebogen und den Missbrauch der damit erhobenen Daten zum Inhalt hat.
Die Ausstellung selber dokumentiert das Schicksal der norwegischen Juden während des zweiten Weltkriegs und schlägt eine Brücke in die Gegenwart mit dem Apell, mit dem Wissen um die Vergangenheit Verantwortung in der Gegenwart zu übernehmen.
Teile der Ausstellung sind ausschließlich auf Norwegisch (wobei viele der Ausstellungsgegenstände aus Deutschland stammen), doch es gibt einen deutschen Audioführer.
Die nächste Station ist …
Das Wikingerschiffmuseum
Die drei hier ausgestellten Wikingerschiffe sind die am besten erhaltenen in der Welt. Sie stammen aus dem 8. und 9. Jahrhundert nach Christus und wurden in verschiedenen Hügelgräbern gefunden.
So kann man nicht nur die Schiffe von allen Seiten bestaunen, sondern auch die Schätze und Grabbeigaben, die Hinweise auf den Status und das Leben der Begrabenen geben. Wer sich jetzt denkt: “Naja, die paar Münzen und Töpfe, wo mal Essen drin war…”, wird überrascht sein. Allein die Tatsache, dass die Toten in Schiffen begraben sind, macht die Entdeckungen, was ihnen für das Leben in der Ewigkeit mitgegeben wurde, vielleicht etwas verständlicher, aber bereitet einen nicht auf die Realität vor: Schlitten, Pferde, Hunde, Betten, Boote, Waffen – und auch eine Dienerin. Und das war noch längst nicht alles!
Das Museum ist also außerordentlich interessant und hat viele Informationen (und Spekulationen) zu den Schiffen, den Ausgrabungen und dem Volk der Wikinger.
Ergänzend kann man sich im Historischen Museum in der Innenstadt die dortige Wikingerausstellung ansehen (samt dem größten Wikinger-Goldschatz Skandinaviens), sowie weitere Ausstellungen, die sich mit dem Leben der Norweger von der Steinzeit bis zum Mittelalter befassen.
Anfahrt
Buslinie 30 zur Station “Bygdoynes” (für die ersten drei Museen), bzw. “Bygdohus” (für das Holocaustzentrum), bzw. “Vikingkipshuset” (für das Wikingerschiffmuseum). Im Sommer auch per Boot erreichbar (Nummer 91).
Eintrittspreise
Frammuseum: 80 NOK
Kon-Tiki-Museum: 80 NOK
Norwegisches Maritim Museum: 60 NOK
Holocaustzentrum: 50 NOK
Wikingerschiffmuseum: 60 NOK
Das letzte Museum auf der Insel Bygdoy ist das Norwegische Freilichtmuseum, über das wir im ersten Teil unserer Oslo-Entdeckungstour berichtet haben. Ansonsten ist der Vollständigkeit halber noch eine weitere Sehenswürdigkeit, das königliche Lustschloss Oskarshall aus dem 19. Jahrhundert, zu erwähnen, das wir jedoch nicht besuchen konnten, da es erst ab Mitte Mai geöffnet ist.
In der Stadt
Für unsere übrige Entdeckungstour wenden wir uns nun wieder der Innenstadt zu, wo wir uns hauptsächlich den berühmten Söhnen der Stadt widmeten. An erster Stelle ist hier sicherlich der Maler und Grafiker Edvard Munch zu nennen.
Das Edvard Munch Museum
Hier befindet sich die weltgrößte Sammlung von Munchs Werken, die der Künstler selbst der Stadt Oslo hinterließ. Anhand dieser Information entsteht vielleicht ein Missverständnis, dem der ein oder andere Tourist (uns eingeschlossen) erliegt: das bedeutet nicht, dass diese Sammlung ausgestellt ist.
Um den Oslo-Stadtführer zu zitieren: “Das Munch-Museum hat im Jahr 2-3 wechselnde Themenausstellungen, die aus der Sammlung zusammengestellt werden.”. Somit sollte sich der Besucher darauf einstellen, dass er nicht soviel ‘Munch’ zu sehen bekommt, wie er vielleicht angenommen hat.
Die Ausstellung, die wir besuchten (“Von Munch bis Slettemark”, 2. März bis 12. Mai 2013) verteilte sich auf sieben Räume; einen zusätzlichen Raum, der ausschließlich Munch-Gemälde zeigte, nicht eingeschlossen. Die Werke von Munch machten dabei nur einen kleinen Teil aus. Was an der Qualität der Ausstellung nichts änderte, aber doch gut zu wissen ist.
Ebenfalls erwähnenswert: das Gemälde “Der Schrei” (bzw. eine Version davon) ist nicht durchgehend ausgestellt – wer also speziell dafür kommt, sollte sich vorher informieren, ob es zum Zeitpunkt seines Besuchs zu sehen ist.
Wer so vorbereitet ist, vermeidet vielleicht eine kleine Enttäuschung. Wir waren weniger enttäuscht, als etwas verwirrt: hatten wir uns im Museum geirrt? Doch die Ausstellung zog uns in ihren Bann, auch wenn Munchs Werke nicht ihren Hauptteil ausmachten.
Für mehr Edvard Munch und weitere norwegische Künstler ist die Nationalgalerie die nächste Anlaufstelle. Hier sind auch “Der Schrei” und die “Madonna” ausgestellt.
Anfahrt
Mit der U-Bahn/ dem Bus Linie 20 zur Station “Toyen”
Eintrittspreis
Edvard Munch Museum: 95 NOK (Preisänderungen vorbehalten)
Das Henrik Ibsen Museum
Das Museum ermöglicht den Zutritt zu dem Appartement, in dem der norwegische Dramaturg und Schriftsteller seine letzten zehn Lebensjahre verbrachte, sowie zu einer Ausstellung, die Ibsens Leben und Werk zum Inhalt hat.
Uns wurde empfohlen, an einer Führung durch das Appartement teilzunehmen, die zu jeder vollen Stunde startet. Diese Empfehlung gebe ich weiter, denn ohne eine Führung lässt sich der Wohnung vermutlich nichts allzu Außergewöhnliches abgewinnen, wohingegen die Räume lebendig werden, sobald man auf Details aufmerksam gemacht wird und jede Menge interessanter und unterhaltsamer Fakten und Anekdoten zu hören bekommt.
Natürlich hat mich am meisten beeindruckt, dass Ibsen als allererster Norweger NOCH VOR DEM KÖNIG ein Wasserklosett in seinem Appartement hatte! Irgendwie kann ich mir solche Sachen immer am Besten merken… Aber ganz im Ernst: es hat uns sehr gut gefallen.
Anfahrt
Mit den Straßenbahnlinien 13 und 19/ den Buslinien 30 und 31 zur Station “Slottsparken”
Eintrittspreis
Henrik Ibsen Museum: 95 NOK
Das Nobel Friedenszentrum
Alfred Nobel war zwar Schwede, doch der Friedensnobelpreis wird jedes Jahr im Osloer Rathaus verliehen. Einen Katzensprung von diesem entfernt liegt das Friedenszentrum, im Gebäude des alten Westbahnhofs.
Verschiedene Ausstellungen befassen sich mit Krieg und Frieden, Konfliktlösungen, Alfred Nobel selber, und all den Friedensnobelpreisträgern und deren Arbeit.
Die Entscheidung des Komitees, den Friedensnobelpreis 2012 der Europäische Union zu verleihen, war umstritten – schließlich befindet sie sich in ihrer bislang größten Krise. Eine entsprechende Ausstellung im Friedenszentrum macht aber deutlich, welche Leistung dahinter steckt, auf einer Geschichte, die von Kriegen gegeneinander geprägt ist, eine Gemeinschaft aufzubauen, innerhalb derer Krieg undenkbar ist.
Anfahrt
Mit der Straßenbahn zur Station “Aker Brygge”
Eintrittspreis
Nobel Friedenszentrum: 80 NOK
Und damit kommen wir zum Ende unseres Schlechtwetterprogramms, was nicht heißt, dass es nicht noch viele weitere Museen in Oslo gibt; im Gegenteil. Ob Kunst, Design, Architektur, Technik, Kultur, Musik, Film, Geschichte und selbst Fußball: in dieser Stadt gibt es ein Museum für jeden Geschmack – viel Spaß beim Finden!
Letzte Worte
Wie bereits im ersten Teil möchten wir nochmal auf den Oslo-Pass verweisen, mit dem uns das Tourismusbüro von VisitOslo ausgestattet hat. Norwegen ist ja nun nicht nur für seine Attraktionen bekannt, sondern auch für seine Preise. Ein 24-Stunden-Oslo-Pass, der 270 NOK kostet, hat sich bereits nach drei bis vier Museen bezahlt gemacht, und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist auch enthalten. Es lohnt sich also! Und: der Oslo-Pass gilt für alle hier beschriebenen Museen (bis auf das Lustschloss Oskarshall auf der Museumsinsel).
Es gibt aber auch Museen und andere Ausstellungsräume mit freiem Eintritt: das Filmmuseum, das Design- und Architekturzentrum, die Nationalbibliothek, das Oslo-Stadtmuseum, das Zollmuseum und das Interkulturelle Museum. Und sonntags fallen bei einigen Museen die Eintrittspreise weg. In der Touristeninformation zwischen Nationaltheater und Rathaus findet Ihr diesbezüglich kostenlose Oslo-Stadtführer, in denen alle Museen und Attraktionen mit Preisen und Öffnungszeiten gelistet sind – inklusive derjenigen mit (sonntags) freiem Eintritt.
Ein dickes Dankeschön auch nochmal an Hostelbookers, die uns im zentral gelegenen und kuschelig warmen “Cochs Pensjonat” untergebracht haben – merci!
Und das war’s schon wieder! Wir hoffen, dass wir Euch ein bisschen inspirieren konnten… Wenn Ihr Fragen oder Anregungen oder vielleicht auch weitere Tipps habt, hinterlasst uns gerne einen Kommentar!
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